Leere Stadt

Leere Stadt ist ein Stück für zwei Personen des mazedonischen Autors Dejan Dukovski, der sich vornehmlich mit dem Trauma des Balkankrieges auseinandersetzt. Es geht um zwei Brüder, Gjore und Gjero, die auf der jeweils anderen Seite kämpfen und eine letzte gemeinsame Nacht in einer geisterhaften Stadt verbringen, deren Bewohner längst geflüchtet sind. Calvin spielt bei der deutschen Erstaufführung den Älteren der beiden, Gjore, den Heimkehrer, der schon die weite Welt gesehen hat (New York! Japanerinnen!?). Das Stück mit seinen mitunter an Beckett anmutenden absurden und kargen Dialogen schwankt zwischen existentialer Tragödie und hinreißender Komik. Nichts scheint wahr zu sein in dieser Nacht, die Brüder belügen und betrügen sich wo es nur geht. Das einzig Wahre ist das Spiel.

Das greift das Bühnenbild auf, in dem es einen Spielplatz als Grundstruktur wählt. Die Inszenierung verlangt den Darstellern alles ab. Calvin besticht im Zusammenspiel mit Felix Klare durch ausdrucksstarke Präsenz. Er agiert präzise wie ein Uhrwerk - bis in die letzte Sekunde eines Schweigens oder bis in die letzte Silbe eines zerdehnten Wortes hinein. Er vermag es, das große Spektrum zwischen dem so eng beieinander liegenden Tragischen und Komischen zu besetzen. Ein Höhepunkt ist das Spiel im Spiel, wenn aus Gjore und Gjero Ophelia bzw. Julia werden. Gjores Ophelia entwickelt sich bei Calvin aus dem Geist der Ahnungslosigkeit mit den wohl eingesetzten Mitteln des Slapsticks nahezu zwangsläufig in ein perfekt komisches Panorama.

Christoph Oellers

Kritik:

Den „Helden“-Darstellern Marcus Calvin und Felix Klare gelingt es [...], die Krieger immer wieder aus ihren Macho-Posen in die flattrig-zarte Ratlosigkeit unfreiwilliger Clowns kippen zu lassen.

Alexander Altmann, Münchner Merkur

Beide Darsteller wechselten mühelos den Habitus zwischen Brutalität und zwingender Menschlichkeit. Marcus Calvin gelangen als Gjore in diesem apokalyptischen Treiben sogar komische Momente. Er hatte die Figur des (vermutlich) älteren Bruders ein wenig tumb angelegt. Gelegentlich konnte man ihm beim Denken zuschauen, was die Figur fassbarer machte und den fiktional-philosophischen Ansatz des Dramas authentischer werden ließ.

Wolf Banitzki, theaterkritiken.com

  
     

 

 

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